Impuls

22.02.2023

Rettungsanker im Alltag




Selbstfürsorge ist kein nice to have. Selbstfürsorge ist in bestimmten Momenten unverzichtbar.





Zur Situation



„Es prasselt im Laufe eines Tages sehr viel auf mich ein. Jeder will etwas von mir und anstelle von einem „Danke“, erhalte ich eher noch eine Kritik. An guten Tagen kann ich damit ganz gut umgehen. Es gibt aber auch jene Tage, an denen ich das Gefühl habe, mein Schutzschild wird durchlässiger. Dann realisiere ich irgendwann, dass es mich extrem viel Kraft kostet“, erzählt Monika. – „Hast du in diesen Momenten die Möglichkeit, dich raus zu nehmen, um aufzuatmen?“, frage ich sie. „Nein. Das kann ich ja nicht bringen. Ich kann nicht einfach gehen. Das ist unmöglich. Schließlich wollen die anderen ja etwas von mir in diesem Moment“, verneint Monika vehement.


Was dahinter steht



Jede*r kennt Situationen, die nahe gehen: quengelnde Kinder, zu viele Aufgaben auf einmal, unsachliche Kritik… In solchen Situationen haben wir grundsätzlich drei Optionen, um in unseren Spielraum zu gelangen: „Ändere es, nimm es an oder verlasse es.“ Wenn die ersten beiden Optionen nicht infrage kommen, bleibt die Möglichkeit, die Situation (kurz) zu verlassen, um unserem Unbewusstsein zu signalisieren, dass wir der Situation nicht ausgeliefert sind. Im Sinne von: „Ich bin frei. Ich habe einen Spielraum.“ Untersagen wir uns in diesen Situationen diese Option, dann hat das Gründe:
  • Etwa, weil wir es als Niederlage empfinden, den Raum zu verlassen oder
  • weil wir andere nicht enttäuschen wollen.



Dazu eine Geschichte



In einem Zirkus sah ein Junge, dass der große Zirkuselefant nur mit einem Fuß an einem kleinen Pflock, der nichts weiter als ein winziges Stück Holz war, angekettet war. Kein Zweifel, dass der Elefant sich von einem solchen Pflock befreien und fliehen konnte. Er fragte einen Zirkuswärter, weshalb der Elefant nicht einfach losmarschiere. Dieser antwortete: „Der Zirkuselefant flieht nicht, weil er schon seit frühester Kindheit an einen solchen Pflock gekettet ist. Er weiß nicht, dass es ein Leichtes für ihn wäre.“ Dieser riesige, mächtige Elefant, den wir aus dem Zirkus kennen, nimmt sich nicht die Freiheit, weil er glaubt, dass er es nicht kann.



Zurück zur Situation mit Monika



Ich frage Monika: „Würde es dir gut tun, in solchen Momenten kurz irgendwohin zu gehen, um deine Emotionen zu regulieren? Quasi als Rettungsanker für deine Seele.“ „Ja, sicherlich“, sagt Monika spontan. „Hättest du denn die Möglichkeit eines Rückzugsortes?“ – „Keine Ahnung. Diese Frage habe ich mir noch nie gestellt. Ich dachte immer, ich müsse solche Situationen aushalten.“ – „Was ist die Konsequenz für dich?“ – „Dass ich abends manchmal heimkomme und mich absolut k.o. fühle.“ Gemeinsam überlegen wir, was ihr helfen könnte.



Ideen für "Rettungsanker" im Alltag



  • Zunächst ist es wichtig, dass Sie sich zugestehen, den Raum verlassen zu können: „Es ist möglich! Ich darf das! Ich erlaube mir eine kurze Auszeit.“
  • Nehmen Sie die Stimmen in sich wahr, die dagegen sind: „Das darfst du nicht! Die anderen brauchen dich! Zeige keine Schwäche!“ Verdeutlichen Sie sich, wohin es führt, wenn Sie diesen Stimmen nachgeben. Was ist die Konsequenz für Sie, wenn Sie in dieser Situation über Ihre eigenen Grenzen gehen?
  • Überlegen Sie sich dann: „Was hilft mir JETZT konkret?“
    o    Welcher naheliegende Ort gibt Ihnen Sicherheit und die Möglichkeit, aufzuatmen?
    o    Welche Übung oder welches Ritual unterstützen Sie dabei? Eine kurze Atemübung? Ein Schluck Wasser? Ein Blick aus dem Fenster? Ein Mantra? Ein Stoßgebet?
  • Stellen Sie sich später – in einer Zeit der Ruhe – vor, wie Sie in einer belastenden zukünftigen Situation konkret reagieren möchten. Haben Sie eine konkrete Bitte auf dem Herzen, die Sie an den Himmel adressieren möchten?
  • „Freuen“ Sie sich auf die nächste Gelegenheit, in der Sie experimentieren können mit Ihrem Rettungsanker.


Fazit




Im Gespräch kommen Monika Ideen, wie sie in belastenden Situationen reagieren kann. „Es gibt einen Raum in der Nähe, der kaum frequentiert ist. Dorthin kann ich mich zurückziehen und eine Übung durchführen, die ich aus dem Tai Chi kenne. Bislang habe ich noch nie daran gedacht, dass sie mir auch im Berufsleben helfen könnte.“ – „Wie lange dauert diese Übung?“, frage ich sie. „Vielleicht ein bis zwei Minuten. Mehr nicht.“





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